Press report „Wie baut man einen Supercomputer“ about the establishment of a new AI computing center at Leipzig University

02.11.2021 // SCADS

The Article „Wie baut man einen Supercomputer“ talks about the establishment of a new AI computing center at Leipzig University. This article appeared in the Leipziger Volkszeitung (LVZ) on October 28th 2021. The author is Matthias Puppe.

"Wie baut man einen Supercomputer"-Article

Wie baut man einen Supercomputer?

80 Jahre nach dem Bau des ersten funktionstüchtigen Computers der Welt wird in Leipzig ein Rechner geplant, der die Zukunft der Wissenschaftsstadt maßgeblich mitbestimmen wird.

Leipzig. Konrad Zuse, der Erfinder des ersten funktionierenden Computers, hat Hunderte Rechner entworfen und gebaut. Sein berühmtestes Werk, der Z3, sieht aus wie eine Schrankwand, in der kleine Relaisgruppen klackernd Rechenoperationen ausführen. Genau 80 Jahre nach dieser bahnbrechenden Erfindung planen die Leipziger Dieter Lehmann (52) und Stefan Kühne (42) auch einen Computer – einen Superrechner. Der soll die Zukunft der Wissenschaftsstadt Leipzig maßgeblich mitbestimmen.

Lehmann ist Direktor des Rechenzentrums der Uni Leipzig. Kühne leitet die Abteilung Forschung und Entwicklung im Fachbereich Informatik. Seit vielen Jahrzehnten hat die Fakultät ihren Sitz an der Ostseite des Uni-Campus. Inzwischen steht dort der teilsakrale Neubau des Paulinums, in dem Wissenschaft und Religion koexistieren. In den obersten Räumen des Glaspalastes, direkt über dem Gebetsraum samt 500 Jahre altem Altar, arbeitet die Informatik zwischen binären Codes und Komplextheorie an weltlichen Problemstellungen.

Diese haben heute vor allem mit unvorstellbar großen Datenmengen zu tun. Künstliche Intelligenz nennt sich das Schlagwort, das ein bisschen auch eine Mogelpackung ist. Denn es geht meist weniger um das kreative Denken von Maschinen als um die Verarbeitung jener riesiger Datenmengen. Nahezu jede Zukunftstechnologie hat damit zu tun. Vom selbst fahrenden Elektrobus in der City über die Spracherkennung im Wohnzimmer, vom Fotofilter auf Instagram bis zur Automation in Werkshallen. „Künstliche Intelligenz eröffnet uns viele neue Möglichkeiten und wird so unsere Gesellschaft in allen Bereichen verändern“, sagt Lehmann.

Im KIRZL – so die Abkürzung des geplanten KI-Rechenzentrum Leipzig – sollen künstliche neuronale Netze wirken. „Man kann sich das ähnlich wie bei menschlichen Neuronen vorstellen, die Informationen verarbeiten, aber auch über Kanten miteinander verbunden sind“, sagt Stefan Kühne. Die Leitung des Einzelnen wird im Verbund potenziert.

Computer statt Kohle

Knapp 50 Millionen Euro werden für den Bau des KIRZL gebraucht. Bezahlen soll dies der Bund: Das Leipziger KI-Rechenzentrum steht auf der Liste der Strukturmaßnahmen, die den Braunkohleausstieg im Freistaat abfedern sollen. Der Leipziger Wissenschaftsstandort läuft sonst Gefahr, den Anschluss zu verlieren. „Die verschiedenen Forschungszentren in der Stadt befinden sich in einem weltweiten Wettbewerb, bei dem auch Rechenleistung von Bedeutung ist“, sagt Kühne. Schon jetzt stießen die Kapazitäten oftmals an ihre Grenzen. Das bestätigt Professor Andreas Macke, Direktor des Leibnitz-Instituts für Troposphärenforschung im Stadtteil Seilershausen. „In unserem Institut sind computergestützte, daten- und rechenintensive Verfahren ein wichtiger Bestandteil der Forschung.“ Den den immer komplexeren Simulationen erhöhe sich der Bedarf, extrem große Datenmengen in kürzester Zeit zu verarbeiten. „Ohne die Rechenkapazitäten vor Ort wäre der Wissenschaftsstandort Leipzig in wenigen Jahren im Nachteil gegenüber anderen Standorten, die ausreichen Kapazität haben und so die Chancen der neuen Technologien nutzen können“, ist sich Macke sicher.

Ähnlich sieht es auch Professor Georg Teutsch. Er leitet das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und sieht enorme Potenziale – gerade beim Bündeln der Kompetenzen an einem Ort. Sollte sich der Bau verschieben, wäre das UFZ hart getroffen, „da vor allem viele der Neuentwicklungen und die damit verbundenen Rechenbedarfe nicht anders befriedigend bedienbar sind“.

„Die Zeit drängt“, weiß Computer-Konstrukteur Lehmann. Man sei mitten in den Vorplanungen, will ab 2022 dann Nägel mit Köpfen machen. „Wir gehen davon aus, dass die Fertigstellung 2023 erfolgen kann, wissen aber auch: Das wird sportlich.“ Das Problem ist aktuell: Es gibt zwar viele Absichtserklärungen, aber noch keinen konkreten Brief aus Berlin, in dem die 50 Millionen Euro tatsächlich bestätigt werden. Eine Formalie? Im Dresdner Wissenschaftsministerium bleibt man entspannt: Der Bund habe signalisiert, es gebe keine Einwände gegen das Großrechenzentrum in Leipzig. Es werden also in Kürze die nächsten Schritte mit den Prozessbeteiligten zur Realisierung des Projekts eingeleitet“, so Sprecher Falk Lange.

Als erstes braucht es einen Ort zum Bauen. Freie Flächen sind rar in der wachsenden Metropole Leipzig. „Wichtig ist eine sichere Stromversorgung – zu Beginn werden drei Megawatt, in späteren Ausbaustufen sechs Megawatt benötigt“, sagt Lehmann. Aber auch die Standortsicherheit müsse geklärt sein. „Im Ahrtal ist auch die Infrastruktur komplett zerstört worden, wir müssen daher auch derartige Risiken berücksichtigen.“ Einflugschneisen von Flugzeugen, potenzielle Hochwassergebiete, aber auch Bauplätze neben Hochhäusern fallen aus Sicherheitsgründen raus. Im Supercomputer wird beim Rechnen enorme Wärme erzeugt, die genutzt werden sollte. „Uns ist das Thema Nachhaltigkeit sehr wichtig“, sagt Lehmann. Es braucht also einen Standort, an dem im Umfeld Wärme aufgefangen und weitergenutzt werden kann.

Der fensterlose Betonklotz

Wie wird das Gebäude aussehen? Lehmann spricht von einem Zweckbau – in dem es kaum Fenster gibt. „Das muss nicht zwangsläufig hässlich sein“, versichert er. Zumal die Konstrukteure ihr Projekt auch als Ort der Begegnung in der Stadt sehen, in dem Menschen zusammenkommen. Wie groß das Zentrum insgesamt werden wird, ist noch nicht sicher. Allein für die IT-Technik müssen mindestens 1000 Quadratmeter eingeplant werden.

Neben der neuronalen IT-Technik wird es im Rechenzentrum Computer geben, an denen Forscherinnen und Forscher ihre Modellierungen vom eigenen Laptop ins neuronale Netz übertragen können. „Sicherheit ist ein in der Bedeutung immens wachsendes Thema, zumal wir mit großen Datenmengen und sensiblen Informationen zu tun haben werden“, sagt der 52-Jährige. „KI-Methoden können selbst zur Erkennung von Anomalien im Netzwerk eingesetzt werden, um frühzeitig Angriffe zu erkennen.“ Soll heißen: Der Supercomputer schützt sich selbst.

Es klingt noch alles ein bisschen nach Zukunftsmusik, was Lehmann und Kühne planen. Obwohl es noch Jahre dauern wird, ehe ihr Supercomputer seine Arbeit aufnehmen kann, zeigen sich trotzdem erste Anzeichen der erhofften Sogwirkung. „Für KI-Humboldt-Professor Sayan Mukherjee, Gewinner des höchstdotierten Forschungspreises in Deutschland, war das KI-Rechenzentrum ein gewichtiges Argument, sich für Leipzig zu entscheiden“, sagt Dieter Lehmann. Auch andere exzellente Wissenschaftler werden kaum ohne die neuen Ressourcen in Leipzig arbeiten wollen.

Darüber hinaus sei das KI-Rechenzentrum aber auch ein Wirtschaftsfaktor. Es brauche direkt Personal für den Betrieb, in der Peripherie ebenso Kompetenz bei Wartung und fortlaufender Modernisierung der Technik. „Zudem gehen wir davon aus, dass sich Start-Ups im Umfeld ansiedeln werden, die von den neuen Techniken profitieren wollen“, sagt Lehmann. Damit ermögliche Leipzigs neuer Supercomputer genau das, was im Strukturwandel nach dem Ende der Braunkohle notwendig wird: „Ein Technologieboost für die Region.“

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